Samstag, 28. Februar 2009

Longline in Mürzzuschlag


Es ist schon eine Weile her, dass ich mit dem Mich eine spontane Longline-Session machte. Kranwaage, zwei (!) Kettenzüge, genügend Band waren vorhanden, also sprach nichts dagegen. Einen Ort hatte Mich auch gefunden, wo wir das Ganze aufbauen konnten. Eine Waldschneise, die uns genügend Platz bot, um eine Line mit 160m Länge zu spannen.

Mich jammerte ein bisschen. Er hatte eine harte Trainingseinheit (Klettern) vom Vortag in den Knochen und fühlte sich nicht fit - so kannte ich ihn gar nicht! Naja, klettern im oberen zehnten Grad fordert seinen Tribut. Deshalb ein kurzer Abstecher zum Supermarkt, Kaffee und Jause einkaufen. Das hob die Motivation gleich beträchtlich.

Als wir fertig waren mit dem Aufbau und uns einerseits vergewissert hatten, dass wir in der Mitte nicht am Boden aufsitzen würden, und andererseits mit der Spannung im grünen Bereich waren, machte sich ein nervöses Kribbeln bemerkbar. Die Bedingungen waren nicht ideal - relativ kalt und Schnee unter der Line. Leicht möglich, dass wir uns an diesem Tag aufreiben würden. Andererseits war das auch interessant. Die ganze Sache stand auf der Kippe: Würden wir im Kopf stark genug sein, um diese Line gehen zu können?

Ich fühlte mich nicht wirklich bereit, aber es war klar, dass Warten auch keinen Sinn hätte. Und es ging nicht um viel. Diese Aktion war nicht ganz so wichtig wie die Weltrekordversuche mit Michi Aschaber in Tirol, deshalb wollte ich es eher locker angehen. Ich wusste, dann würde es am besten laufen.

Wir beschlossen, gegenüber vom Kettenzug zu starten. Einerseits war das Absprunggelände auf der Seite, wo wir spannten, nicht ideal - einen Sitzstart wollte ich dort nicht machen - und andererseits waren am gegenüberliegenden Ende Bäume so knapp an der Line, dass man sie dort nicht gehen konnte. Wenn wir also vom Kettenzug losgingen, dann hätten wir kein eindeutiges Ende, sondern müssten irgendwo vor den Bäumen abspringen. Das fand ich unbefriedigend. Deshalb: Sitzstart, und Richtung Kettenzug gehen.

So ein Sitzstart auf einer Longline ist immer ein wenig wackelig. Trotzdem ging es gut, und nach wenigen Metern erlebte ich eine Überraschung: Die Line fühlte sich richtig gut an! Ich rutschte in einem perfekten Flow-Zustand und fühlte mich großartig. Das sind die Momente, für die sich all die Mühe beim Aufbau auszahlt. Dieser Zustand trug mich bis knapp über die Hälfte. Ich hatte die Sache im Griff, sowohl koordinativ als auch konditionell. Dann schaltete sich der Kopf ein - On Sight! Ich war drauf und dran, im ersten Versuch drüberzugehen! Nun begann der Kampf mit mir selbst. Und ich kämpfte wie ein Löwe. Zehn Meter vor dem Ende waren meine Kräfte erschöpft und in einem unkonzentrierten Moment stieg ich ab. Aber egal, ein toller Versuch!

Ich wartete nicht lange mit dem nächsten Versuch. Auch diesmal ging es gut. Doch als ich zur Mitte kam, wurde mir klar, dass wir die Line nachspannen mussten. Sie hatte ein wenig nachgegeben und bald streifte das Band im Schnee. Ich versuchte mein Bestes, doch der Boden irritierte mich und ich stieg ab. Barfuß lief ich durch den Schnee, auf den Mich zu, der mir mit einem Stück Teppich und meinen Schuhen entgegen kam.

Als ich im dritten Versuch wieder bis über die Mitte kam, begann das Kopfspiel von Neuem. Diesmal aber hielt ich durch, überstand mit weichen Knien auch die letzten schwierigen Meter und berührte mit dem Fuß das Metall des Kettenzugs. Geschafft!

Ich ging die Line noch zwei Mal an diesem Tag. Mich kam mit der Zeit auch in Stimmung und konnte schließlich, unter meinen gebetsmühlenartigen Anfeuerungssprüchen, die Line durchgehen. Wo ich aufgehört hatte und abgesprungen war, wurde er aber plötzlich ruhig. Zu meiner Überraschung setzte er einen Fuß auf die Kette des Kettenzugs, dann den nächsten, bis er den Baum fassen konnte. Coole Aktion, Mich! Auch er konnte sie an diesem Tag mehrmals gehen.